WENN PRÜFUNGEN DAS ZIEL VERFEHLEN
In der Welt der Finanzregulierung ist das Gleichgewicht zwischen Risiko und Kontrolle ein ständiger Tanz. Das Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD) und die Schweizerische Finanzmarktaufsicht (FINMA) haben in den letzten Jahren eine Reihe von Gesetzen eingeführt, um u. a. die Regulierung von Vermögensverwaltern und den Finanzplatz zu stärken. Doch es scheint, dass die Umsetzung dieser Gesetze in der Praxis zu einer Überregulierung geführt hat, die das ursprüngliche Ziel der risikobasierten Überwachung verfehlt.
Die FINMA hat bei der Einführung der neuen Gesetze und Regulierung eine risikobasierte Überwachung angestrebt. Doch die Praxis zeigt ein anderes Bild. Die FINMA beruft sich auf den PH70 Standard, der von ExpertSuisse, dem Schweizer Expertenverband für Wirtschaftsprüfung, Steuern und Treuhand für den Audit von Banken, Fondsgesellschaften und Versicherungen entwickelt wurde. Dieser Standard legt Prüfgrössen fest, die dazu führen, dass die Stichprobengrössen bei unabhängigen Vermögensverwaltern mit nur wenigen Kunden bis zu 100-fach höher sind als bei Banken, die jedoch ein um Vielfaches höheres GwG-Risiko aufweisen.
Die Konsequenz? Selbst Vermögensverwalter, bei denen GwG-Transaktionen auf Grund des Geschäftsmodells unmöglich sind, werden bei jedem Audit zu 100% geprüft – unabhängig davon, ob dies Sinn macht oder nicht. Die Aufsichtsbehörden und die mit den Prüfungen beauftragten Auditgesellschaften erklären, es gebe keinen Spielraum für gesunden Menschenverstand. Dies führt dazu, dass die Regulierungskosten pro GwG-Transaktion das 100’000-fache einer Bank betragen können.
Das Versprechen der FINMA, mit der neuen Regulierung den unabhängigen Vermögensverwaltern den Zugang zum europäischen Markt zu ermöglichen, ist bis heute leider nicht eingetroffen. Die Aussage der FINMA, dass ein risikobasierter Ansatz bei der Aufsicht eingesetzt werde, scheint in der Praxis nicht zuzutreffen. Im Gegenteil, die extensive Ausweitung der Audits bei den unabhängigen Vermögensverwaltern, der ohnehin zu 100% bereits auf der Seite der Banken revidierten Kunden wird, lässt Zweifel an der Glaubwürdigkeit dieser Aussage aufkommen.
Es stellt sich die Frage, ob die FINMA mit ihren Auflagen gezielt versucht, den Markt der Vermögensverwalter mit übertriebenen Kosten und Audits zu zerstören. Dies mag eine harte Aussage sein, doch angesichts der aktuellen Praxis der Überregulierung und der daraus resultierenden Kostenexplosion ist es eine Frage, die gestellt werden muss.
Es ist an der Zeit, dass die FINMA und die Aufsichtsbehörden ihren Ansatz überdenken. Eine risikobasierte Überwachung sollte genau das sein – basierend auf dem tatsächlichen Risiko und nicht auf starren Vorgaben und Listen. Es ist an der Zeit, den gesunden Menschenverstand in die Gleichung einzubeziehen und eine Balance zwischen effektiver Kontrolle und effizienter Praxis zu finden.
Die unabhängigen Vermögensverwalter sind ein wichtiger Teil des Finanzsektors. Sie bieten eine Vielfalt an Dienstleistungen und tragen zur Stabilität und Wettbewerbsfähigkeit des Marktes bei. Es ist im Interesse aller Beteiligten, dass sie effektiv reguliert werden, ohne durch unnötige Kosten und ineffiziente Prozesse belastet zu werden.
Die FINMA und die Aufsichtsbehörden haben eine wichtige Rolle bei der Gewährleistung der Integrität und Stabilität des Finanzmarktes. Aber sie müssen auch sicherstellen, dass ihre Praktiken und Vorschriften angemessen und verhältnismässig sind. Eine Überregulierung, die zu hohen Kosten und ineffizienten Prozessen führt, dient niemandem – weder den Vermögensverwaltern noch den Kunden, die sie bedienen, noch dem Finanzmarkt als Ganzes.
Handlungsbedarf
Es ist an der Zeit, dass wir eine ernsthafte Diskussion über die aktuelle Praxis der Auditgesellschaften führen. Es ist an der Zeit, dass wir die risikobasierte Überwachung, die die FINMA ursprünglich angestrebt hat, wieder in den Vordergrund stellen. Es ist an der Zeit, dass wir sicherstellen, dass die Regulierung des Finanzsektors effektiv, effizient und im besten Interesse aller Beteiligten ist.
Die unabhängigen Vermögensverwalter verdienen eine faire und angemessene Regulierung. Sie verdienen eine Regulierung, die auf dem tatsächlichen Risiko basiert und nicht auf starren Vorgaben und Listen. Sie verdienen eine Regulierung, die ihren Beitrag zum Finanzmarkt anerkennt und fördert, anstatt ihn zu behindern.
Es ist an der Zeit, dass wir diese Diskussion führen, die Überregulierung in Frage stellen und nach besseren Lösungen suchen. Es ist an der Zeit, dass wir sicherstellen, dass die Regulierung des Finanzsektors tatsächlich das Ziel erreicht, das sie erreichen soll – die Gewährleistung der Integrität und Stabilität des Marktes, ohne unnötige Kosten und ineffiziente Prozesse zu verursachen. Es ist an der Zeit, dass wir handeln.