IGUV

ZU VIELE OMBUDSSTELLEN?

Mit acht verschiedenen Ombudsstellen stellt sich die Frage nach der Notwendigkeit dieser Vielzahl. Jennifer Lygren von FINSOM klärt auf.

Seit dem 1. Januar 2020 sind Finanzdienstleister in der Schweiz verpflichtet, sich einer vom Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD) anerkannten Ombudsstelle anzuschliessen. Die Einführung von acht verschiedenen Ombudsstellen hat bei Finanzdienstleistern Fragen aufgeworfen. Wir sprachen mit Frau Jennifer Lygren, Direktorin der Ombudsstelle FINSOM, um mehr über die Notwendigkeit dieser Vielzahl von Ombudsstellen zu erfahren.

Was sollten die Ombudsstellen nach dem Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) konkret machen?
Die FIDLEG-Ombudsstelle sollte sich vor allem mit Beschwerden von Privatkunden befassen, die mit dem Beschwerdemanagement eines Finanzdienstleisters unzufrieden sind. Unter bestimmten Bedingungen kann sie auch eine zivilrechtliche Mediation durchführen. Zudem sollte sie auch zur Information der Öffentlichkeit und zur Marktüberwachung beitragen. Darüber hinaus ist es wichtig, dass sie als neutrale Vermittlerin zwischen den Finanzdienstleistern und ihren Kunden agiert, um Vertrauen und Transparenz im Finanzsektor zu fördern.

Wie hat sich die Landschaft der Ombudsstellen für Finanzdienstleistungen seit dem 1. Januar 2020 entwickelt?

Vor dem Inkrafttreten des FIDLEG im Jahr 2020 war der Schweizerische Banken Ombudsman die einzige auf Finanzdienstleistungen spezialisierte Ombudsstelle. Er ist seit 1993 für die Bearbeitung von Beschwerden über Mitglieder der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg) zuständig, wobei nur 10 % der im Jahr 2018 bearbeiteten Beschwerden Finanzdienstleistungen betrafen. Mit der Verabschiedung des FIDLEG im Juni 2018 wurde die Notwendigkeit der Einrichtung mindestens einer weiteren Ombudsstelle für Finanzdienstleistungen deutlich. Dies führte aber zur Entstehung von neun Ombudsstellen für „Finanzdienstleistungen“ im Sinne des FIDLEG im Jahr 2020. Von den neun 2020 anerkannten Ombudsstellen verschwand eine nach zwei Jahren, sodass heute noch acht existieren.

Wie viele Beschwerden und Mediationsverfahren betreffen unabhängige Vermögensverwalter unter den acht FIDLEG Ombudsstellen?

Es ist nicht einfach, eine konsolidierte Analyse der Statistiken der Ombudsstellen zu erstellen. Dennoch zeigen öffentlich zugängliche Statistiken, dass es derzeit im Durchschnitt weniger als 200 Beschwerden pro Jahr für eine FIDLEG-Ombudsstelle gibt. Von diesen enden weniger als 50% in einer Mediation oder “Vermittlung”. Es ist bemerkenswert, dass die zivilrechtlichen Beschwerde- und Mediationsraten bei Finanzdienstleistern, einschliesslich unabhängiger Vermögensverwalter, nicht höher zu sein scheinen als in anderen Branchen des Finanzsektors. Beschwerden über Betrug und Identitätsdiebstahl, die aus dem Ausland begangen werden, scheinen häufiger vorzukommen.

Welche Vor- oder Nachteile hat diese hohe Anzahl von Ombudsstellen?

Die Wahlmöglichkeit wird oft als Vorteil gesehen, aber “zu viele Möglichkeiten können überwältigend sein und die Wahl erschweren”. Es ist auch schwierig, die Ombudsstellen rasch miteinander zu vergleichen. Ein Nachteil wäre die Kostenineffizienz. Zudem könnte die Vielzahl an Ombudsstellen zu Verwirrung bei den Finanzdienstleistern und besonders bei den Kunden führen, da sie sich nicht sicher sind, welche Ombudsstelle die geeignetste für ihre spezifischen Bedürfnisse ist.

Wie ist die Situation in den Nachbarländern?

Laut einer Studie der Weltbank aus 2012 ist der Wettbewerb zwischen den Ombudsstellen in der Schweiz eine der wenigen Ausnahmen.

Entspricht Ihrer Meinung nach die Anzahl der FIDLEG-Ombudsstellen den Bedürfnissen des Schweizer Finanzsektors?

Die Anzahl der FIDLEG-Ombudsstellen scheint mir weder den Bedürfnissen der unabhängigen Vermögensverwalter in der Schweiz noch des Finanzsektors im Allgemeinen zu entsprechen. Es besteht die Gefahr, dass eine zu hohe Anzahl an Ombudsstellen die Effizienz, Wirksamkeit und Transparenz des Systems beeinträchtigt.

Warum gibt es so viele Ombudsstellen für Finanzdienstleistungen?

Gute Frage. Die Antwort liegt weder im Bedürfnis noch im Interesse der Finanzdienstleister oder der Schweizer Wirtschaft.

Abschliessend möchten wir uns bei Frau Jennifer Lygren für dieses aufschlussreiche Interview bedanken.

Es wäre wünschenswert, wenn der Regulator in Zukunft die Anzahl der von jeder Ombudsstelle behandelten Fälle veröffentlichen würde, um für mehr Transparenz und Klarheit in diesem Bereich zu sorgen.

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